Triathlon im Alter – wie geht das? Viele fragen sich, wie es möglich ist, auch jenseits der 60 fit und leistungsfähig zu bleiben. Welche Faktoren sind entscheidend, um als Agegrouper erfolgreich zu sein, und worauf sollte man besonders achten?
Eine Studie der Technischen Universität München zeigt, dass regelmäßiger Ausdauersport nicht nur das Herz-Kreislauf-System stärkt, sondern auch präventiv gegen viele altersbedingte Beschwerden wirkt. Gleichzeitig wird betont, wie wichtig die Balance zwischen Belastung und Erholung ist, um Überlastungen zu vermeiden.
Wir wollten mehr wissen und haben einen der erfolgreichsten Agegrouper Deutschlands, Robert Votteler, getroffen. Mit über 60 Jahren ist er nicht nur fit, sondern auch ein erfolgreicher Wettkampfathlet, der 2024 zahlreiche Siege und Qualifikationen feiern konnte. In einem inspirierenden Gespräch gibt er Einblicke in seine Saison, seine Trainingsphilosophie und die kleinen Geheimnisse, die ihn auch heute noch so erfolgreich machen.
Frage:
Robert, du bist einer der erfolgreichsten Agegrouper in deiner Altersklasse. Was motiviert dich, auch heute noch an Wettkämpfen teilzunehmen?
Robert:
„Für mich ist Triathlon mehr als nur Sport – es ist eine Leidenschaft, die mich körperlich und mental jung hält. Die Wettkämpfe sind natürlich ein großes Ziel, aber im Alltag geht es vor allem darum, aktiv zu bleiben und den eigenen Körper herauszufordern. Es ist ein unglaubliches Gefühl, wenn man sieht, was man trotz des Alters noch erreichen kann. Und dann dieser Moment, wenn du nach einem Wettkampf ins Ziel läufst – die Emotionen, der Stolz, der Spaß. Das ist schwer zu beschreiben, aber genau dafür trainiere ich.
Und ehrlich gesagt, will ich auch ein bisschen zeigen, dass wir Älteren noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Ich sehe so viele motivierte Agegrouper, und das inspiriert mich.
Frage:
Du hast dieses Jahr viele spannende Rennen erlebt. Erzähl uns doch von deiner Saison – was waren deine persönlichen Highlights und welche Herausforderungen hast du gemeistert?
Robert:
„Ja, 2024 war definitiv ein aufregendes Jahr. Wenn ich zurückblicke, hatte ich Rennen, die mich an meine Grenzen gebracht haben, aber auch Momente, in denen einfach alles gepasst hat. Mein größtes Highlight war wohl The Championship in Samorin im Mai. Ich hatte auf der Radstrecke eine Panne und musste mich beim Laufen richtig ins Zeug legen, um das aufzuholen. Am Ende habe ich es tatsächlich noch geschafft, Platz 1 in meiner Altersklasse zu erreichen – das war unglaublich! Dieser Sieg hat mir auch die Qualifikation für die Challenge Championship 2025 eingebracht, was natürlich eine große Motivation für die nächste Saison ist.“
Frage:
Aber nicht alles lief glatt, oder? Gerade bei XTERRA-Rennen hast du einige Herausforderungen gehabt. Wie bist du damit umgegangen?
Robert:
„Das stimmt, es gab dieses Jahr auch ein paar Rennen, die nicht so liefen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Bei der XTERRA Belgium in Namur gab es zum Beispiel kein Schwimmen wegen der starken Strömung in der Maas. Stattdessen wurde ein Ersatzlauf organisiert, und ich habe gedacht, ich schone mich ein bisschen, um für den Hauptteil mehr Kraft zu haben. Leider hat das an den steilen Passagen Zeit gekostet, trotzdem wurde ich noch Dritter in meiner Altersklasse. Das war schon ärgerlich, aber ich habe das Beste herausgeholt. Man lernt daraus, und das ist auch wichtig.
Ein anderes Beispiel war die XTERRA Championship in Molveno in den Dolomiten. Es war eiskalt, nur 6 Grad am Morgen, und die Schwimmstrecke wurde verkürzt. Schon in der Wechselzone gab es ein paar Probleme – mein Mountainbike war nicht am Platz, wo es hätte sein sollen. Dazu kamen später drei Stürze auf der Strecke, die ich nicht einmal selbst verschuldet habe. Da musste ich einfach die Zähne zusammenbeißen und durchziehen. Ich habe den Fokus auf Barcelona gelegt und mir gesagt: 'Manchmal läuft es eben nicht perfekt, und das ist okay.' So etwas gehört zum Sport dazu.“
Frage:
Nach diesen Herausforderungen kam dann Barcelona – das klingt nach einem perfekten Abschluss deiner Saison. Wie hast du dieses Rennen erlebt?
Robert:
„Barcelona war wirklich etwas Besonderes. Der Tag hat einfach perfekt begonnen. Ich war schon früh um 5 Uhr wach und hatte in der Wechselzone ein gutes Gefühl. Das Meer war ruhig, das Wetter angenehm – alles war wie gemacht für einen großartigen Wettkampf. Nach 1:14 Stunden war ich aus dem Wasser, als Dritter meiner Altersklasse, und habe mich auf der Radstrecke fantastisch gefühlt. Vielleicht ein bisschen zu gut – ich war anfangs etwas übermütig. Aber nach etwa 30 Kilometern habe ich mich bewusst zurückgenommen und auf meinen Wattbereich konzentriert. Diese Entscheidung hat sich ausgezahlt, denn ich konnte bis zum Schluss konstant bleiben.
Beim Marathon war ich dann voll im Fokus. Meine Frau rief mir nach fünf Kilometern zu: 'Du führst, der Zweite ist zehn Minuten hinter dir!' Das war der Moment, in dem ich wusste: Heute könnte wirklich alles passen. Ich habe mich durch den gesamten Marathon gepusht und den Vorsprung am Ende auf 45 Minuten ausgebaut. Mit 10:19:30 Stunden habe ich den ersten Platz in meiner Altersklasse geholt. Dieser Sieg hat mir nicht nur die Qualifikation für die Ironman-WM 2025 in Nizza eingebracht, sondern auch gezeigt, dass es sich lohnt, nach schwierigen Rennen weiterzumachen. Das war definitiv ein Saisonabschluss, wie man ihn sich nur wünschen kann.“
Frage:
Robert, wenn man deine Saison betrachtet, sieht man, dass sie von Höhen und Tiefen geprägt war. Was ist deiner Meinung nach das Geheimnis, auch in unserem Alter erfolgreich zu sein und dabei den Spaß nicht zu verlieren?
Robert:
„Ich denke, gerade in unserem Alter wird der Sport noch einmal besonders spannend, weil man viel bewusster an die Dinge herangeht. Es ist nicht mehr nur die körperliche Leistung, sondern auch die Taktik, die Planung und vor allem die Regeneration, die eine große Rolle spielen. Es geht darum, klug zu trainieren, auf den Körper zu hören und sich gleichzeitig nicht den Spaß zu nehmen.
Natürlich muss man auf vieles achten: Verletzungsprophylaxe, die Balance zwischen Belastung und Erholung und auch die Flexibilität, wenn mal etwas nicht nach Plan läuft – sei es im Training oder im Wettkampf. Aber genau das macht es für mich so reizvoll. Wenn man dann die Früchte seiner Arbeit sieht und ein Rennen gut läuft, ist das ein unglaubliches Gefühl. Es zeigt, dass sich all die Erfahrung und die Disziplin auszahlen.“
Frage:
Du sprichst viel von Planung und Balance. Gerade für Agegrouper wird Regeneration mit steigendem Alter immer wichtiger. Welche Rolle spielt sie in deinem Training?
Robert:
„Die Regeneration ist für mich fast genauso wichtig wie das Training selbst – vielleicht sogar wichtiger. Ich habe in all den Jahren gelernt, dass man ohne Erholung irgendwann gegen die Wand läuft. Sie ist der Baustein, der alles zusammenhält: Sie stabilisiert die Leistung, hilft Überlastungen zu vermeiden und sorgt dafür, dass der Spaß erhalten bleibt.
Ich mache zum Beispiel immer mindestens einen Ruhetag pro Woche, oft sogar zwei. Einen davon nenne ich meinen ‚pseudo Ruhetag‘, an dem ich lockere Aktivitäten mache, die nicht belasten. Es geht dabei nicht nur um den Körper, sondern auch um den Kopf. Manchmal ist es wichtig, einfach mal abzuschalten, sei es mit einem Buch, einem Spaziergang oder einfach gar nichts zu tun.
Nach intensiven Einheiten nutze ich auch aktive Regeneration, wie Dehnen, die Blackroll oder Kühlung. Icebein hat sich dabei als ein echtes Highlight herausgestellt. Es hilft mir, die Beine nach harten Läufen oder langen Radstrecken schnell zu entspannen. Das merkt man besonders am nächsten Tag – ich komme besser in den ‚Flow‘ und fühle mich einfach fitter. Aber wie gesagt: Regeneration ist nicht nur physisch, sondern auch mental. Beides geht Hand in Hand.“
Frage:
Wenn du anderen Agegroupern einen Tipp mit auf den Weg geben würdest, was wäre das?
Robert:
„Ich würde sagen: Arbeitet nicht nur hart, sondern auch klug. Hört auf euren Körper und gönnt euch die Zeit, die ihr braucht – sei es für Training, Erholung oder einfach mal, um den Kopf frei zu bekommen. Balance ist das A und O. Und vor allem: Lasst euch nicht verrückt machen! Es muss nicht alles perfekt sein. Der Spaß an der Sache ist das Wichtigste, und der kommt von allein, wenn man den Druck rausnimmt und einfach das macht, was einem guttut.“
Frage:
Robert, nach einer so intensiven Saison: Was gibt dir persönlich die Energie, weiterzumachen? Und was bedeutet Triathlon für dich heute?
Robert:
„Für mich ist Triathlon mehr als nur ein Sport – es ist ein Lebensstil. Es gibt mir Struktur, hält mich fit und gibt mir das Gefühl, auch im Alter noch voll im Leben zu stehen. Klar, die Erfolge sind motivierend, aber es ist auch die Community, die mich antreibt. Die Wettkämpfe sind so viel mehr als nur Zeiten und Platzierungen – es sind Begegnungen mit Gleichgesinnten, die genauso für den Sport brennen.
Die Energie ziehe ich aus dem Gefühl, immer noch Ziele zu haben, auf die ich hinarbeiten kann. Ich glaube, das ist für uns alle wichtig – egal, ob wir gerade mit Triathlon anfangen oder schon seit Jahrzehnten dabei sind. Der Sport hält uns jung, körperlich und mental.“
Frage:
Du hast dich für die Weltmeisterschaft 2025 qualifiziert – ein großer Meilenstein. Was sind deine Pläne und Träume für die nächste Saison?
Robert:
„Mein Fokus liegt natürlich auf der WM in Nizza, aber ich möchte die ganze Reise dorthin genießen. Es geht nicht nur um das große Ziel, sondern auch um die vielen kleinen Schritte, die dorthin führen. Ich will gesund bleiben, Spaß am Training haben und vor allem wieder etwas Neues lernen.
Mein Traum? Dass ich in Nizza auf der Strecke stehe und sagen kann: ‚Ich habe alles gegeben, was ich konnte, und das hier ist die Belohnung dafür.‘ Aber egal, wie es ausgeht – das Wichtigste ist, dass ich stolz auf den Weg bin, den ich bis dahin gegangen bin.“
Was wir von Robert lernen können:
Roberts Geschichte zeigt, dass Erfolg im Triathlon keine Frage des Alters ist, sondern eine Frage der Leidenschaft, der richtigen Einstellung und einer guten Balance. Seine Erfahrungen sind ein inspirierendes Beispiel dafür, wie man auch mit über 60 noch große Ziele erreichen kann – und dabei nie den Spaß an der Sache verliert.
Für alle Agegrouper gilt: Es gibt immer neue Herausforderungen, die es wert sind, angegangen zu werden. Mit der richtigen Planung, einem durchdachten Regenerationskonzept und einer großen Portion Freude am Sport steht dem nächsten Wettkampf nichts im Weg.
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